2015_08_28_Anschlag Salzhemmendorf_4254 Feiger Brandanschlag auf Asylunterkunft in Salzhemmendorf

Bewohner bringen sich rechtzeitig in Sicherheit / Polizei fahndet nach Tatverdächtigen

Salzhemmendorf (gök). Kurz nach 2 Uhr in der vergangenen Nacht wurden die Anwohner aus dem Schlaf geschreckt. Feuerwehrfahrzeuge fuhren vor einer Asylunterkunft an der Salzhemmendorfer Hauptstraße vor. Ein oder mehrere Täter hatten zuvor einen Molotowcocktail durch eine Scheibe geworfen und dadurch in dem Raum Feuer entzündet. Bei der Entstehung des Brandes befanden sich zum Glück keine Bewohner in dem betroffenen Raum. Im Nebenraum wurde eine dort lebende 34jährige Mutter aus Simbabwe mit ihren drei Kindern (4, 8 und 11 Jahre alt) wach und brachte sich zusammen mit anderen Bewohnern schnell in Sicherheit, so dass kein Mensch körperlich zu Schaden kam.

Eingetroffene Rettungsdienstkräfte versorgten die Bewohner des Wohnhauses, die von der Gemeinde dort alle untergebracht wurden. Gemeldet sind in dem Haus derzeit 41 Bewohner aus unterschiedlichen Ländern wie der Elfenbeinküste, Syrien oder etwa dem Irak. „Vorher hat man nur aus dem Fernsehen oder Radio Anschläge im Osten oder Süden von Deutschland wahrgenommen. Jetzt ist das hier bei uns angekommen, einfach unfassbar“, so ein geschockter Anwohner.

Die Feuerwehr konnte vor Ort nur noch eine starke Verqualmung ohne offene Flammen erkennen und ging unter schwerem Atemschutz in dem Gebäude vor und half bei der Evakuierung der Hausbewohner. Das Feuer wurde durch die Feuerwehr schnell gelöscht und nach einer Belüftung der Brandwohnung konnte das erste Obergeschoss und das Dachgeschoss wieder für die Bewohner frei gegeben werden. Der Molotowcocktail hatte nach Aussage der Polizei nach dem Aufschlag eine Brandwirkung von etwa einem Meter Fläche gehabt und das Zimmer sonst völlig verrußt. Das Gebäude selber hatte kein Feuer gefangen. Das Erdgeschoss wurde durch die Polizei zur Ermittlung der Brandursache beschlagnahmt. Die Mutter und ihre drei Kinder wurden kurzfristig bei einer Salzhemmendorfer Familie untergebracht. Insgesamt waren 30 Einsatzkräfte vor Ort und um 4 Uhr wurde der Einsatz für beendet erklärt.

Vor Ort waren schnell Anwohner anwesend und halfen den Flüchtlingen. Kuchen wurde besorgt, Kaffee für Einsatzkräfte gekocht und Aktionen geplant. Für den späten Nachmittag wurde in Salzhemmendorf eine Kundgebung geplant, wo die Salzhemmendorfer mit den Flüchtlinge ihre Solidarität bekunden können. Die Polizei hatte wegen der Brandermittlung und eines Besuches von Ministerpräsident Stephan Weil am Tatort die Straße in dem Bereich noch gesperrt. Weil machte sich zusammen mit Landrat Tjark Bartels und dem Salzhemmendorfer Bürgermeister Clemens Pommerening selber vor Ort ein Bild vom Tatort. Pommerening zeigte sich geschockt: „Ich hätte mir nie vorstellen können, wie jemand zu so einem feigen Anschlag fähig ist und schon gar nicht in Salzhemmendorf. Wir haben hier bisher eine Willkommenskultur gepflegt. Es gab viel Hilfe in der letzten Zeit für die Flüchtlinge. Es kann eigentlich nur eine Tat eines Einzeltäters sein und ich gehe davon aus, dass die Hilfsbereitschaft der Salzhemmendorfer dadurch nur noch steigen und man uns von der besten Seite sehen wird.“

Der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig erklärte während der im Hamelner Kreishaus extra einberufenen Pressekonferenz, dass ein Zeuge vor Ort einen Täter gesehen hat, der sich dann mit einem Auto entfernt hat. Weitere Erkenntnisse wurden aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht bekannt gegeben. Die extra eingesetzte Sonderkommission hatte in der Unterkunft schnell Spuren gesichert und zur Auswertung an das Landeskriminalamt geschickt. Die betroffene Familie ist zwar körperlich unversehrt, wird aber derzeit natürlich intensiv betreut. Die Polizei geht von einer ausländerfeindlichen Straftat aus und bemüht sich um eine uneingeschränkte Aufklärung. Die mit den Ermittlungen beauftragte Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt zuerst einmal auf den Verdacht der schweren Brandstiftung. Kathrin Söfker von der Staatsanwaltschaft wies natürlich darauf hin, dass eine rechtliche Bewertung der Tat noch zu weiteren Tatvorwürfen führen kann. Der Hamelner Polizeiinspektionsleiter Ralf Leopold zeigte sich auch überrascht, dass es in Salzhemmendorf zu einem vermeintlichen Anschlag kam. Hinweise auf eine rechte Szene in der Gegend gab es bisher nicht. In den letzten Jahren gab es nur drei kleinere rechte Vergehen mit Hakenkreuzschmierereien oder „Sieg-Heil“-Rufen.

Neben der Ermittlungsarbeit plant die Polizei Hameln auch eine Begleitung der geplanten Kundgebung um 17 Uhr in Salzhemmendorf am Rathaus, zu der sicher viele Salzhemmendorfer und Menschen aus der Region erscheinen werden.

2015_08_28_Anschlag Salzhemmendorf_42482015_08_28_Anschlag Salzhemmendorf_42502015_08_28_Anschlag Salzhemmendorf_4249Foto4248: Landrat Tjark Bartels stand vor Ort den Medien Rede und Antwort

Foto4249: In dem ehemaligen Kinderheim sind derzeit 41 Flüchtlinge gemeldet

Foto4250: Durch ein Fenster im Erdgeschoss wurde der Brandsatz geworfen

Foto4253+4254: Ministerpräsident Stephan Weil und Landrat Tjark Bartels machten sich vor Ort ein Bild

 

 

 

 

 

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