20160801_112344Als der Hahn noch über den Himten sprang

Maßeinheiten sorgten schon früher für klare Regelungen auf dem Dorf

Wallensen (gök). Viele junge Menschen können schon mit dem Begriff Zentner nichts mehr anfangen oder haben auch schon alte Währungen vergessen und wissen nicht, was ein Groschen war. Zugegeben – viele junge Menschen waren auch nicht vor Ort, als Heinrich Meier als Wanderführer in Wallensen etwas Licht ins Dunkel bringen wollte. Doch immerhin 14 Begleiter bei der Wanderung und zum Abschluss über 40 Personen im Haus an der Stadtmauer lauschten seinen Ausführungen aufmerksam.

Wallensen ist ein Ort, der früher mit umliegenden Siedlungen von der Landwirtschaft geprägt war. Es gab in Wallensen Ende des 16. Jahrhunderts nach Aufzeichnungen des Amtes Lauenstein 14 Vollmeierhöfe, zwei Halbmeierhöfe sowie 44 dienstpflichtige Kötner, die der Landwirtschaft nachgingen. Zwischen Vollmeier und Halbmeier bestand der wesentliche Unterschied, dass Vollmeier über zwei Pferdegespanne verfügten und so auch mehr leisten konnten. Halbmeier konnten zumeist nur auf ein Pferdegespann zurückgreifen. Kötner waren in der Landwirtschaft beschäftigt, hatten Land gepachtet, konnten davon aber alleine ihre Familie nicht ernähren und gingen noch einer Nebenbeschäftigung zumeist als Handwerker nach.

Als Pacht mussten die Menschen damals festgelegte Mengen im Amt Lauenstein abgeben. Jobst Arneken etwa war zu der Zeit einer der Vollmeier in Wallensen. Er hatte für 60 Morgen Land vom Grafen von Spiegelberg jedes Jahr einen halben Fuder Roggen und einen halben Fuder Hafer abzuführen. Ernst Haken musste Arneken zudem für weitere acht Morgen Land einen Malter Roggen und zwei Malter Hafer abgeben. Für die Menschen war das damals ein großer Ertrag und mit den heutigen Ernteerträgen überhaupt nicht zu vergleichen. Zu der Zeit galten im Amt Lauenstein feste Hohlmaße, die Heinrich Meier den interessierten Menschen in Wallensen bei der Wanderung nun näher brachte, da auch diese mit den Maßen kaum noch etwas anfangen konnten. Die kleinste Einheit war eine Metze, was 7,75 Litern Rauminhalt entsprach. Vier Metzen waren dann eine Himte (oder auch als Himpte bekannt) mit jetzt entsprechend 31 Litern. Zwei Himten waren ein Scheffel und sechs Himten ein Malter, was im süddeutschen auch Faß genannt wurde und 187 Litern entsprach. Ein Fuder waren dann zwölf Malter (Fässer) oder umgerechnet 72 Himten.

Regional gab es zu den Maßeinheiten aber auch wieder Unterschiede. Während heute in Deutschland alles einheitlich ist, konnte früher ein paar Kilometer weiter schon eine andere Maßeinheit gelten. „In Hildesheim etwa entsprach eine Himte damals nicht 31 Litern wie hier in Wallensen, sondern 33 Litern. Das machte dann bei größeren Mengen schon einen erheblichen Unterschied“, so Heinrich Meier. Auch die Währungen waren damals andere. Es gab Körtling (vier Pfennige), Groschen (zwölf Pfennige), Mariengroschen (acht Pfennige) oder ein Pfund Geld (80 Pfennige) und einen Reichstaler, was 24 Groschen oder 36 Mariengroschen entsprach.

Was ein Himten bedeutet, konnte nun Inge Pieper aus Wallensen noch veranschaulichen. Auf ihrem Dachboden fand sich noch ein alter Himten an, mit dem früher die Abgaben an Roggen oder Hafer abgemessen wurden. „Meine Schwiegermutter hat mir noch erzählt, dass sie als Pacht noch ein junges Hähnchen abgeben musste. Es war groß genug, wenn es über den Himten springen konnte“, so Pieper.

Nach einem Gang durch den alten Ort, vorbei an alten Häusern, wo der Aufbau der Häuser noch nachvollzogen werden konnte, endete die anschauliche Wanderung mit Heinrich Meier dann am Haus an der Stadtmauer, wo sich die Teilnehmer bei Kaffee und Kuchen noch weiter über alte Maße und Währungseinheiten austauschen konnten.

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Foto: Inge Pieper hat auf dem Dachboden noch einen Himten, mit dem früher das Getreide abgemessen wurde oder zuweilen halt auch die passende Größe von Hühnern bestimmt wurde