Salzhemmendorfer Kriegsgefangenengeschichte wird aufgearbeitet

Information und Bürgergespräch am 14. März um 19 Uhr / Zeitzeugen gesucht

Salzhemmendorf (gök). Während des Zweiten Weltkrieges herrschte aufgrund des hohen Personalbedarfs der Wehrmacht in Deutschland ein Mangel an Arbeitskräften. In Salzhemmendorf wurde damals in drei Werken Kalk oder Dolomit abgebaut, wofür 1940 rund 40 Arbeiter fehlten und dadurch Engpässe gerade in Zuckerfabriken herrschte. 

Mit diesem Hintergrund wurde dann auf Drängen der VOSKA-Werke 60 französische und belgische Kriegsgefangene am 15. Oktober 1940 nach Salzhemmendorf zugeteilt, welche auf dem Saal des Gasthauses „Zum Bogshorn“ in Salzhemmendorf untergebracht wurden. Im Februar 1941 wurde bei einer Überprüfung des Lagers durch den Landrat festgestellt, dass schon 101 Männer auf dem Saal untergebracht waren und es dort „eng belegt“ ist. Im Vergleich zu den russischen Kriegsgefangenen waren diese aber wesentlich besser untergebracht.

Nicht bekannt ist, wann dann das Kriegsgefangenenlager auf dem Firmengelände im Steinbruch entstanden ist. Dort waren dann 126 Kriegsgefangene im Einsatz – 49 Franzosen und 77 Russen-. Das Lager lag etwa einen Kilometer in südöstlicher Richtung außerhalb von Salzhemmendorf am Ende des Limberger Weges. Die Gebäude waren den Salzhemmendorfern als „Russenburg“ bekannt. Nach Infos von Zeitzeugen sollen die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Steinbruch sehr hart gewesen sein. Dies erklärte auch mehrere Fluchtversuche von russischen Offizieren und einfachen Soldaten, die dann teilweise auch in Gruppen unterwegs waren. Die Männer waren aber auf der Flucht leicht erkennbar, wenn sie nicht an zivile Kleidung herankamen. Sie trugen sowjetische Uniformen – teilweise mit einem großen in Ölfarbe aufgemalten „SU“ auf dem Rücken – und Holzschuhe. Die Chancen zur Flucht waren so minimal. Für einige Männer sind mehrere Fluchtversuche bezeugt, wobei diese dadurch ihr Leben riskierten. Nach der zweiten Flucht wurden die Kriegsgefangenen von der Wehrmacht an die Sicherheitspolizei der SS überstellt, die sie entweder in ein KZ einlieferten oder erschossen. 

Nach dem Weltkrieg mussten die deutschen Behörden auf Anweisung der Alliierten die Namen der verstorbenen Angehörigen der Alliierten sowie ihre Begräbnisorte melden. Nur deswegen wurde bekannt, dass in Salzhemmendorf sieben Kriegsgefangene und damit mehr als irgendwo anders im Landkreis zu Tode kamen. Nach Meinung des langjährigen Steinbruchmitarbeiters Manfred Wächter könnten es sogar noch mehr Tote gewesen sein. Burkhard Bösterling aus Ockensen und der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom begründen die vielen Toten vor allem mit den mörderischen Lebens- und Arbeitsbedingungen im Steinbruch der Dolomitwerke. In den vergangenen Jahren haben sich die beiden engagierten Landkreisbewohner intensiv mit der Geschichte der Kriegsgefangenen beschäftigt und konnten einige Schicksale auch mit Hilfe von Zeitzeugen aufklären. 

Am Donnerstag, den 14. März ab 19 Uhr werden auf Einladung des Salzhemmendorfer Ortsrates Burkhard Bösterling und Bernhard Gelderblom ihre Überlegungen für einen Erinnerungsort für die sieben im Steinbruch zu Tode gekommenen sowjetischen Kriegsgefangenen im Salzhemmendorfer Ratskeller vorstellen. Der Abend ist dabei dreigeteilt, wobei im ersten Teil Gelderblom seine Recherchen zu dem Kriegsgefangenenlager im Steinbruch vorstellt. Im zweiten Teil wollen die Beteiligten Infos sammeln, was noch von Zeitzeugen oder deren Nachkommen eingebracht werden kann. Welche Erinnerungen sind noch an die im Volksmund „Russenburg“ oder nach dem Krieg „Sudetenburg“ genannten Gebäudekomplexe und dessen Umfeld oder Personen vorhanden? Im dritten Teil des Abends werden Überlegungen zu einem Erinnerungsort vorgestellt. Der Ockenser Bildhauer Burkhard Bösterling hat dazu schon ein Modell für ein Gedenkzeichen entworfen. 

Foto: Beim sogenannten Frühstückshaus am Salzhemmendorfer Steinbruch soll der Erinnerungsort entstehen